Anmerkung: Die Audiodateien sind gekürzt
Nach dem Zweiten Weltkrieg mit seinen schrecklichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gründeten 51 Staaten, die gegen das nationalsozialistische Deutschland gekämpft hatten, eine internationale Organisation, die den Frieden auf der Welt sichern sollte: die Vereinten Nationen. Nach und nach traten die meisten Staaten der Welt bei. Österreich erklärte seinen Beitritt nach dem Abschluss des Staatsvertrags 1955. Die beiden – damals geteilten – deutschen Staaten wurden erst 1973 Mitglied der UNO.
1946 begann eine von der UNO eingesetzte Kommission, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte auszuarbeiten. Die Kommission wurde von Eleanor Roosevelt, der Witwe des amerikanischen Präsidenten geleitet. Wichtige Mitarbeiter waren unter anderem ein kanadischer und ein französischer Rechtsgelehrter, ein chinesischer, ein libanesischer und ein französischer Philosoph. Der erste Artikel lautete:
In dieser Erklärung sind viele Grundsätze enthalten, die schon in den früheren Dokumenten angeführt waren. Mit dem großen Unterschied aber, dass damit nicht eine bestimmte Gruppe von Menschen gemeint ist, sondern ausdrücklich alle:
Die UNO Vollversammlung beschließt die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte.
Quelle: AFP
Eleanor Roosevelt mit einer spanischen Version der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte
Quelle: Wikimedia
Allerdings war diese Erklärung zunächste einmal nur eine Empfehlung und kein internationales Gesetz. Erst wenn Staaten diese Rechte in ihre nationale Gesetzgebung aufnehmen oder wenn sie miteinander Verträge abschließen, in denen sie sich zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichten, werden diese Rechte auch verbindlich. Nach 1948 begannen komplizierte Verhandlungen, in denen sich die Staaten darüber auseinandersetzten, wie die Menschenrechte konkret angewendet werden sollten, und natürlich versuchten die Staaten und Staatengruppen, ihre Sonderinteressen zu verteidigen. Darum dauerte es viele Jahre, bis einzelne Verträge geschlossen werden konnten. 1966 wurde der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte und der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte beschlossen. Diese beiden Pakte hat Österreich 1978 zu nationalem Recht erklärt.
Hier gibt es eine Auswahl weiterer internationaler Verträge. Manche dieser Verträge betreffen auch einzelne Gruppen, zum Beispiel Frauen, Kinder, Wanderarbeiter und Wanderarbeiterinnen.
(Blau: Vereinbarungen im Rahmen des Europarats oder der EU)
1948 |
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte |
1950 |
Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) |
1961 |
Europäische Sozialcharta (Revidierte Fassung 1996) |
1965 |
Internationale Konvention zur Beseitigung von Rassendiskriminierung |
1966 |
Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte |
1966 |
Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte |
1979 |
Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau |
1981 |
Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten |
1984 |
Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe |
1987 |
Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe |
1989 |
Konvention über die Rechte des Kindes |
1990 |
Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen |
1992 |
Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen |
2000 |
Charta der Grundrechte der Europäischen Union; rechtsverbindlich erst 2009 mit dem Vertrag von Lissabon |
2005 |
Konvention des Europarats gegen Menschenhandel |
2006 |
Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung |
2006 |
Internationales Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen |
2011 |
UN-Erklärung über Menschenrechtsbildung und Training |
2011 |
Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt |
Die Europäische Menschenrechtskonvention wurde 1950 von 14 europäischen Staaten beschlossen. Österreich hat den Vertrag 1957 unterschrieben, und seit 1964 ist die Europäische Menschenrechtskonvention auch Teil der österreichischen Verfassung. Das heißt, dass das höchste österreichische Gericht, der Verfassungsgerichtshof, auch die Einhaltung der Menschenrechte überwacht, und dass jedes Gesetz, das das Parlament beschließt, den Menschenrechten entsprechen muss. Wer meint, dass seine oder ihre Menschenrechte verletzt werden, kann sich auch an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden. Bis heute haben alle europäischen Staaten außer Weißrussland und dem Vatikanstaat die Europäische Menschenrechtskonvention anerkannt.
Dass die Europäische Menschenrechtskonvention die Todesstrafe zulässt, wie manchmal behauptet wird, ist nicht richtig. In der ursprünglichen Fassung war die Todesstrafe nicht verboten, doch wurden inzwischen zwei Zusatzprotokolle erarbeitet, die die Todesstrafe vollkommen verbieten (auch in der Militärgerichtsbarkeit in Kriegszeiten). Diese Zusatzprotokolle wurden von allen Mitgliedern des Europarats unterschrieben.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.
Foto: CherryX, Quelle: Wikipedia
Ähnliche regionale Verträge sind zum Beispiel die Amerikanische Menschenrechtskonvention (1969), die von den Staaten Süd- und Mittelamerikas und Mexiko beschlossen wurde, die Afrikanische Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker (1981) und die Arabische Charta der Menschenrechte (2004). Nicht alle enthalten die gleichen Rechte. Das hat mit kulturellen Unterschieden zu tun, aber auch mit unterschiedlichen Machtverhältnissen. Denn immer wieder versuchen mächtige Gruppen, die Menschenrechte nach ihren eigenen Interessen abzuschwächen, einzuschränken, umzudeuten.